Orgelkonzert mit Werken von Richard Wagner 22. Jun

Unerhörtes Werk…

MUSIK RICHARD WAGNERS INTRANSKRIPTIONEN FÜR ORGEL SOLO
Basilika St. Kastor
Sonntag, 22. Juni 2025, 16 Uhr
Orgel: Lorenz Höß

Grußwort

Liebe Freundinnen und Freunde der Basilika St. Kastor, liebe Wagner-Enthusiasten, keine Orgel in Koblenz und Umgebung ist wohl besser geeignet, um großbesetzte sinfonische oder musikdramatische Werke des 19. Jahrhunderts in Transkription auf ihr umzusetzen, als die Mayer-Orgel in der Basilika St. Kastor. Nach Bruckners 8. Sinfonie im vergangenen Jahr wagen sich die Freunde und Förderer der Basilika St. Kastor nun – zum ersten Mal in Kooperation mit dem Richard-Wagner-Verband Koblenz – an das Werk Richard Wagners und erkunden damit musikalisch neues Terrain für die Basilika und ihre Orgel.
Lorenz Höß, Organist an St. Kastor und Chordirektor des Theaters Koblenz sowie vormaliger Stipendiat des Richard-Wagner-Verbandes Koblenz, spielt aufwendige Bearbeitungen und Transkriptionen und durchmisst dabei klanglich die ganze Palette reicher Klangfarben und Schattierungen des überaus feinsinnigen und tiefgründigen Instruments. Ob Tannhäuser oder Parsifal, Liebestod oder Feuerzauber, Lorenz Höß vermag es, mit den Klängen der Orgel in der geistigen Atmosphäre der Kirche ein musikalisches Drama ganz eigener Art zu entfalten.
Im Anschluss an das Konzert sind die Mitglieder beider veranstaltenden Vereine und ihre Gäste sowie diejenigen, die Mitglied werden wollen, herzlich zu einem Glas Wein ins Pfarrheim eingeladen. Unterstützen Sie den Förderverein bei seiner Arbeit in und um die Basilika St. Kastor durch Ihre Mitgliedschaft und Spende. Auch der Richard-Wagner-Verband Koblenz freut sich über Ihre Mitgliedschaft oder Spende zur Förderung seiner fruchtbaren Arbeit.

Dafür sagen wir Ihnen bereits jetzt unseren herzlichsten Dank!

Mit den besten Grüßen und Wünschen

Dr. Fabian Freisberg
Vorsitzender der Freunde und Förderer der Basilika St. Kastor Koblenz e.V.

Dr. Albin Lütke
Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes Koblenz e.V.

Richard Wagner (1813 – 1883)
Transkriptionen von Edwin Henry Lemare (1865 – 1934)
Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg (WWV 70)
Ouvertüre
Wolframs Gebet an den Abendstern
Tristan und Isolde (WWV 90)
Vorspiel zum ersten Aufzug Isoldes Liebestod
Die Walküre (WWV 86B)
Wotans Abschied und Feuerzauber
Parsifal (WWV 111)
Vorspiel zum ersten Aufzug

Wagners Musik in Transkriptionen für Orgel
„Unerhörtes Werk! Du konntest morden, hier im heil’gen Walde, des stiller Friede dich umfing?“ Diese Worte legt Richard Wagner seinem Gralsritter Gurnemanz im ersten Aufzug des Parsifal in den Mund als Schelte für den jugendlichen Protagonisten, der soeben im heiligen Gralsbezirk einen Schwan erlegt hat.
Mindestens der erste Teil des Zitats dürfte dem ein oder anderen Zuhörer in der St. Margaret’s Church in Westminster, London, am 1. März 1898 durch den Kopf gegangen sein. In der Tat erlebt man an diesem Tag Unerhörtes: An der noch nicht ganz fertig gestellten Orgel der Firma Walker spielt der Organist Edwin Henry Lemare (*1865 auf der Isle of Wight, †1934 in Los Angeles) aus der Orchesterpartitur begleitet von einem Chor und namhaften Solisten den ersten Aufzug aus Richard Wagners Parsifal. Die Erlaubnis dazu erhielt er aus Bayreuth von Cosima Wagner höchst selbst, der berühmte Dirigent Felix Mottl, wohl auf Geheiß Cosimas extra angereist, gratuliert Lemare mit den Worten: „Ich hätte nicht gedacht, dass man auf einer Orgel die Effekte eines großen Orchesters so detailliert darstellen kann. Ich kann nichts Anderes sagen als: wunderbar, wunderbar!“ Der von der Presse gefeierte Erfolg Lemares führte zur Überfüllung der Kirche bei seinen samstäglichen Orgelkonzerten, gelegentlich musste gar die Polizei einschreiten. Der Musical Courier erklärte ihn zum „unbestritten besten Organisten Englands.“ Musik Wagners ist zu jener Zeit noch nicht allgemein zu Aufführungen außerhalb des Festspielhauses in Bayreuth zugelassen und somit stößt Lemare mit seinen zahlreichen Bearbeitungen für sein Instrument in eine wahre Marktlücke. Vier Jahre nach dem legendären Londoner Konzert verlässt er St. Margaret‘s und startet eine der größten Konzertorganisten-Karrieren. USA, Australien und immer wieder auch England: „Niemals zuvor hat ein Organist so viele Menschen begeistern können, niemals zuvor hat die Pfeifenorgel so viel Beachtung gefunden“ schließt Nelson Barden seine vierteilige Artikelserie in The American Organist.
Neben eigenen Kompositionen machen die über 270 Transkriptionen, die Lemare von bekannten Musiktheater- und Orchesterwerken anfertigt, einen Großteil seines Konzertrepertoires aus und als Kind seiner Zeit stehen ihm im Zuge der Technisierung des Orgelbaus Instrumente zur Verfügung, die an Klangvolumen und Abstufungsmöglichkeiten die Wirkung dem Original durchaus vergleichbar, wenn nicht ebenbürtig werden lässt.
Die Orgeln Lemares erhalten ihren Wind nicht mehr durch Muskelkraft, sondern durch leistungsfähige Motoren, die mehrere Kubikmeter Luft pro Sekunde durch die hölzernen Windkanäle und Pfeifen strömen lassen. Damit einhergehend wächst die Anzahl der Pfeifenreihen (Register) und damit der unterschiedlichen Klangfarben, die auf den Instrumenten dargestellt und vielfältig kombiniert werden können. Elektrische Register- und Pfeifenventilansteuerung lösen das Problem, dass bei immer mehr Pfeifen auf mechanischem Wege ein immer größerer Tastendruck erforderlich wäre. Wie die Virtuosen der Geige und des Klaviers entwickeln Organisten wie Lemare neue Spieltechniken für das Instrument.
Lemares Erfindung ist das sogenannte „thumbing“, das Übergreifen mit einem Finger (dem Daumen) auf ein benachbartes Manual, sodass der Spieler nunmehr zum Hervorheben einer wichtigen Stimme mit einer Hand auf zwei Tastenreihen gleichzeitig zu spielen hat. In den Noten ist dies mit einem + bezeichnet.
Die technische Fortentwicklung im Orgelbau setzt sich auch heute weiter fort. Moderne Orgeln – auch die Mayer-Orgel von St. Kastor – verfügen über Computer mittels derer tausende verschiedener Registerkombinationen gespeichert und auf Knopfdruck abgerufen werden können, Aufnahme- und Wiedergabefunktion, Touchscreen und Loopfunktion; auch – aber nicht nur – zur differenzierten Wiedergabe der ausgefeilten Orchestrierung von Wagners unerhörten Werken.
Lorenz Höß

Zu den aufgeführten Werken
Am heutigen Abend erleben Sie einen Querschnitt aus Richard Wagners Schaffen. Wenngleich in nicht ganz korrekter chronologischer Abfolge bewerten wir uns vom früheren zum späten, ja zum letzten Bühnenwerk des Meisters. Auf unvergleichliche Art und Weise wird dabei offenbar, wie eine gänzlich andere Tonsprache und Klangwelt Wagner für jedes seiner musikdramatischen Werke kreiert hat, die sich deutlichste voneinander abgrenzen.
Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg ist immerhin schon die fünfte Oper, die Wagner komponiert. 1845 in Dresden uraufgeführt steht sie noch der romantischen Nummernoper nahe. Obwohl die drei Aufzüge jeweils durchkomponiert sind, das heißt, ohne Unterbrechung durch Text oder Pausen auskommen, sind noch deutlich einzelne Arien, Chöre und Ensembleszenen auszumachen. Hier heißt das lange Orchestervorspiel noch Ouvertüre (später nennt Wagners diese einleitende Musik Vorspiel oder verzichtet gar ganz darauf), in der gleichsam einem großen Pasticcio die wichtigsten musikalischen Themen der Oper aneinandergereiht werden. Wolframs Gebet an den Abendstern aus dem dritten Aufzug setzt einen kontemplativen Gegenpol zur bisweilen stürmischen Ekstase der Ouvertüre.
Ganz anders die Klangwelt in Tristan und Isolde. Hier beschwört Wagner durch chromatische Tonfelder eine traumhaft-irisierend schwankende Landschaft. Nicht nur die Szene, die sich zum Teil auf Schiffen abspielt, auch die Gefühle der Protagonisten haben keinen festen Boden unter den Füßen. Kaum macht man einen festen Rhythmus in der Musik aus, alles ist im steten Wandel und Hinbegleiten in den nächsten Zustand, nur um diesen wieder zu verlassen oder im Nichts zu verschwinden. Bekanntestes Beispiel für diese tonale Ambivalenz ist wohl der berühmte Tristan-Akkord, der gleich zu Beginn des Vorspiels zu hören ist.
Die Musik des Tristan ist hocherotisch, ohne dass man versteht wieso. Eben wie es Isolde mit ihren letzten Worten im Liebestod am Schluss der Oper ausdrückt: „In den wonnigen Schwall, in dem tönenden All, in des Welt-Atems wehendem All - Ertrinken - versinken - unbewusst -höchste Lust.“
Wotans Abschied und Feuerzauber ist die Schlussszene der Oper Die Walküre, des zweiten Teils der Tetralogie Der Ring des Nibelungen. Der Göttervater Wotan bestraft seine Tochter, die Walküre Brünnhilde, die im Kampf Sigmund gegen Hunding befehlswidrig für ersteren Partei ergriffen hat. Die notwenige Strafe für die geliebte Tochter lautet, dass sie fortan nicht mehr als göttliche Walküre existieren wird. Zum Menschen degradiert, als „Weib“, soll sie dem erstbesten Manne folgen, der sie aus dem „wehrlosen Schlaf“ weckt, in den Wotan sie versetzen wird, und fortan das öde Leben einer Hausfrau führen. Damit diese Erweckung nur einem wahren Helden – dem noch nicht geborenen Siegfried – gelingen möge, umgibt Wotan Brünnhilde mit einem Feuer.
Auch ohne Text ist dem Wagner-Kenner der geschilderte Vorgang in allen Details ersichtlich, illustriert Wagner doch alle inneren und äußeren Handlungen mit Leit- oder besser: Erinnerungsmotiven, die im Laufe der gut 14 Stunden Musik der Tetralogie selbst mannigfaltigen Metamorphosen unterworfen werden.
Parsifal ist das letzte musikdramatische Werk Richard Wagners. Es enthält religiöse Elemente wie weihevolle Musik, Monstranz Enthüllung (Gral), Taufe und christliches Abendmahlsritual. Bereits in seinen Züricher Kunstschriften Das Kunstwerk der Zukunft und Oper und Drama entwickelte Wagner die Idee, den Kern des Religiösen durch Kunst zu verdeutlichen. In Religion und
Kunst schreibt er zusammenfassend: „Man könnte sagen, dass da, wo die Religion künstlich wird, der Kunst es vorbehalten sei, den Kern der Religion zu retten, indem sie die mythischen Symbole, welche sie im eigentlichen Sinne als wahr geglaubt wissen will, ihrem sinnbildlichen Werte nach erfasst, um durch ideale Darstellung derselben die in ihnen verborgene tiefe Wahrheit
erkennen zu lassen.“
Lorenz Höß

Vita
Lorenz Höß wurde 1993 im oberbayerischen Tegernsee geboren. Nach dem Abitur schloss er Studiengänge in Schulmusik, katholischer Kirchenmusik, Chordirigieren (Professor Michael Gläser)
und Orgel (Professor Harald Feller, Peter Kofler) an der Musikhochschule in München ab. Meisterkurse bei Peter Dijkstra, Daniel Roth, Bob van Asperen u.a. rundeten seine Ausbildung ab.
Parallel zum Studium und danach wirkte er als Kirchenmusiker in
München, Eichenau und als Chorregent und Stiftsorganist an der
päpstlichen Basilika minor St. Martin zu Landshut.
Seit der Spielzeit 2023/24 ist Lorenz Höß als Chordirektor
mit Dirigierverpflichtung am Theater Koblenz engagiert,
sowie seit 2024 in der Nachfolge von Prof. Heinz Anton
Höhnen als Organist an der Basilika St. Kastor.
Von 2021 - 2023 war Lorenz Höß stellvertretender Chordirektor am Opernhaus in Chemnitz. Neben den regelmäßigen Einstudierungen beim Münchner Bach-chor u.a. so wie Korrepetitionen beim Chor des Bayerischen Rundfunks, dem Heinrich Schütz Ensemble Vornbach, der Audi-Jugendchorakademie u.v.m.
Als Dirigent leitete er zahlreiche oratorische Aufführungen sowie in jüngerer Vergangenheit die
Produktionen Lieder und Tänze vom Meer und Into The Fire am Theater Koblenz, eine eigene Kammerorchesterfassung von Rossinis Barbier von Sevilla und in Chemnitz die Oper Brundibár von
Hans Krása. Dabei dirigierte er die Originalklang-Ensembles Concerto München und La Banda,
die Robert Schumann Philharmonie, das Staatsorchester Rheinische Philharmonie u.a.
Häufig widmet er sich der Interpretation von Uraufführungen und ist als freischaffender Organist tätig, wobei Transkriptionen von Orchesterwerken etwa von Richard Wagner, Gustav Mahler, Anton Bruckner und Filmmusik von John Williams einen Schwerpunkt seiner Arbeit bilden.